maulwerker -- performing music:
translationen -- übersetzungen, übertragungen und die poesie des missverständnisses

mit werken von: antje vowinckel, travis just, robin hayward, christian kesten, steffi weismann, ariane jeßulat, sven-åke johansson

die maulwerker: ariane jeßulat, henrik kairies, christian kesten, katarina rasinski, steffi weismann.

gäste: benedikt bindewald, nicolas galeazzi, margareth kammerer, antje vowinckel.
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fr. 06. okt. 2006 | 20:30 h

übersetzungen, sprachliche übertragung und die poesie des missverständnisses bilden den kern des abends translationen. eine reihe von neuen stücken, darunter die uraufführung eines neuen werks von sven-åke johannson kreisen um sprachentstehung, sprachgenerierung, sprachsynthese. grundlage aller stücke ist die analyse von sprache, ihrer bestandteile, ihrer klanglichkeit und ihrer funktion.

an diesem abend sind verschiedene sprachen zu erleben: französisch, schwedisch, computersprache, sprachfetzen aus internationalen sprachkursen. sie lösen sich auf und werden zu etwas anderem: konkrete poesie, artikulation, klang, melodie. in allem schwingt musikalischer feinsinn und sprachwitz mit. was auf der sprachebene wie ein missverständnis erscheint, wird auf der klanglichen ebene zu einer rhythmischen struktur. so geht es bei der übertragung von sinnbehafteter sprache in klang auch um das spiel mit kommunikation und ihren grenzen.

gegründet 1978 von dieter schnebel, bestehen die maulwerker seit 1992 in der derzeitigen formation. ihre experimentellen musikperformances verbinden virtuos körpersprache, laut-poesie, vokalartistik und instrumentaleinsatz.


programm:

antje vowinckel (1964) -- call me yesterday (45')
für 5 stimmen mit instrumenten, zuspielband und zweikanal-videoprojektion bea

künstlerische leitung/klangregie: antje vowinckel | bühne/video: steffi weismann

die live-aufführung von call me yesterday, die antje vowinckel ausgehend vom gleichnamigen hörstück auf die bühne übertragen hat, wird mit fünf live-stimmen, instrumenten, zuspielband und einer 2-kanal-videoprojektion realisiert. die übertriebenen perfektionsansprüche der frühen sprachlaborkurse bringen für heutige ohren nahezu absurde qualitäten zum vorschein. dabei öffnet sich ein raum für die musik. gleichzeitig entstehen auch fragen, die sich auf die heutige problematik im umgang mit kommunikationstechnik beziehen.



travis just (1976) -- quintet 1: five voices (2003) (7') ua

das stück arbeitet mit schnell rhythmischen frikativtexturen und lang gehaltenen sekunden. die beiden texturen alternieren und stehen sich blockweise gegenüber. der hohe abstraktionsgrad der struktur verrät die nähe zur bildenden kunst.



robin hayward (1969) - filtered consonants (2001) für 4 stimmen (5') ua

zwei frikative konsonanten werden durch änderung der lippenposition gefiltert und jeweils den dauern 6 und 4 sekunden zugeordnet. dieses konstruktivistische stück basiert auf regelmäßigen sich wiederkehrenden zeitstrukturen, die eng mit dem reduzierten material verbunden sind.



christian kesten (1966) -- på studieförbundet (2000/2006) für 2 männerstimmen und sprechenden bongoisten (3') ua der neuen version

in på studieförbundet für zwei männerstimmen und einen sprechenden bongoisten übersetzt christian kesten die konkrete poesie eines schwedischen lehrbuch-dialoges in einen mikrotonalchangierenden gesang.



steffi weismann (1967) -- apropos (2006) für 6 stimmen, computerstimmen und rotierende objekte (10') bea

der synthetische klang von computerstimmen, der das [vergebliche] bemühen um einen humanen ausdruck in sich trägt und dabei seltene artifzielle blüten hervorbringt, wird von menschlichen stimmen übernommen und imitiert. paarweise sitzen sich die sprecher gegenüber und führen ihre dialoge, indem sie gleichzeitig an- und abschwellende geräusche mit drehenden bällen in luftballons erzeugen. es entsteht ein digitaler singsang mit analogen mitteln.



ariane jeßulat (1968) -- bequille (2006) für 6 stimmen, trompete und gitarre (7') ua

ariane jeßulat arbeitet mit den klanglichen nuancen der französischen sprache als eigenem musikalischen material auf der ebene einer mikrotonalität der laute. bequille lebt von der diesen lautverschiebungen innewohnenden dynamik: allmählich, ruckartig, in gruppen oder vereinzelt verwandeln sich die laute ineinander, ohne dabei die atmosphäre des französischen zu verlassen.



sven-åke johansson (1943) -- stereo für 8 (2004/2005) für 8 stimmen (10') ua

in der neuen komposition stereo für 8 von sven-åke johansson reduziert sich die artikulation auf einzelne buchstaben. sie werden jedoch in einer reihe von 8 sprechern so schnell und präzise hin- und hergeschickt, dass dabei deutsche zusammengesetzte hauptworte entstehen. eine verblüffende wirkung von stereophonem hören wird hier ohne technische hilfsmittel erreicht. die real existierenden absonderlichkeiten der deutschen sprache werden dem hörer jedoch einige rätsel aufgeben.