georg büchner 'lenz*'
mit fabian hinrichs
inszenierung: laurent chétouane
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foto: oliver fantitsch

mi. 17. mai 2006 -- 19:30 h
fr. 19. mai 2006 -- 20:30 h

'lenz*' ist die zweite annäherung des französischen regisseurs laurent chétouane an georg büchners prosastück lenz. das projekt mit fabian hinrichs in der titelrolle lief im juni 2005 in einer ersten version mit großem erfolg am deutschen schauspielhaus hamburg. die neufassung mit der sich der momentan vieldiskutierte regisseur erstmals in berlin präsentiert, entstand eigens für die konferenz körperwellen. zur resonanz als modell. metapher und methode.

büchners kurz vor seinem frühen tod verfasstes fragment erzählt von dem schizophrenen sturm-und-drang-dichter lenz, der sich in die einsamkeit der natur zurückzieht. doch findet er auch dort nur für kurze zeit ruhe vor seinen quälenden gedanken und schwankenden stimmungen. der autor scheint bei der niederschrift des stückes den im 19. jahrhundert in der wahrnehmungsphysiologie, -psychologie und -philosophie aufkommenden begriff der resonanz aufgegriffen zu haben. denn er gestaltete den protagonisten als eine offene figur, deren innenleben wie ein feingliedriges netz frei liegender empfindungsstränge anmutet, das auf jeglichen einfluss der lebenswelt zu reagieren vermag. aus dem poetologischen prinzip des ständigen wiederholens von gedanken sprechen darüber hinaus resonanzen innerhalb der lenzschen wahrnehmungswelt, die sich gegenseitig in schwingung versetzen.

fabian hinrichs lässt den text auf der karg ausgestatteten bühne lebendig werden. er befragt den theaterraum nach dessen eigener klanglichkeit. es entsteht ein vielstimmiges, oft irritierend rhythmisches gebäude, in dem der wahnsinn die lenzfigur infiltriert. die durchlässigkeit und empfindsamkeit von hinrichs lenz macht das theater zu einem vibrierenden gefäß, in dem die historischen wahrnehmungsdiskurse ebenso widerhallen wie jeder stille gedanke, den der einzelne zuschauer in die aufführung einspielt.

zur hamburger fassung schrieb christian t. schön [hamburger taz, 11.06.05]:

'lenz ist die perfekteste und schönste chétouane-inszenierung am schauspielhaus. ausbalanciert wie nach einer mathematischen formel für schönheit stellt er die sprache, dieses urstilmittel des theaters, ins zentrum. und die rechnung geht auf. in fabian hinrichs hat er einen traumpartner gefunden [für beide war es eine 'wunschzusammenarbeit'], der seine sprechtextkonzentration kompromisslos teilt.'

im rahmen der konferenz spricht der theaterwissenschaftler nikolaus müller-schöll in seinem vortrag mit titel raisonner sur scène. derrida, forythe, chétouane über die inszenierung [sa. 20. mai 2006 -- 10:00 h].

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